Vater sein – ein nicht selbstverständliches Privileg

Schwere Kost? Nein, das Thema Vater sein werde ich sicher häufiger als Anlass für ein paar Sätze nehmen. Vater sein ist für viele – auch für mich – etwas selbstverständliches. Trotz der im Vergleich zu Rozana wenigen Stunden, die ich mit Don verbringen kann, fühle ich mich in der Rolle sehr wohl und bemerke, wie schnell sich mein Tagesablauf verändert hat.
Nicht zuletzt ist dies dem Umstand zu verdanken, dass in einem Großteil der westlichen Gesellschaft das Vater sein mehr bedeutet als nur die genetischen ca. 50% beigesteuert zu haben. Selbstverständlich ist das nicht. In vielen Ländern bzw. Kulturen liegt die Sorge um das Kind bei den Frauen. Männer halten sich eher fern, obwohl das Verhältnis zwischen Vater und Kind ebenso prägend für das Kind sind wie für den Vater.

Noch vor gut 25 Jahren zum Beispiel war es auch in Deutschland für einen werdenden Vater kaum möglich, eine Beziehung zum Kind aufzubauen, während die Mutter im Krankenhaus das Kind zur Welt brachte. Meinem Vater wurden beispielsweise Besuche vor oder nach der Geburt nur sporadisch gewährt und die Anwesenheit meines Vaters bei meiner Geburt selbst war ein Ding der Unmöglichkeit. Heute sind derartige Umstände kaum noch existent. Bei der Geburt von Don durfte ich sogar das Setzen der PDA hautnah miterleben.

Sicher ist es eine Frage der eigenen Erziehung und des Typs, wie man seine eigene Rolle als Vater sieht, aber die heutige Gesellschaft ermöglicht und fordert die Wahrnehmung der väterlichen Rolle zunehmend. Man muss sich jedoch darauf einlassen wollen und sich sicher auch eingestehen können, dass man dieser Rolle gerecht werden kann. Und um genau dieses Eingeständnis – ein Privileg gegenüber sich selbst – geht es.

Zeit (sowohl qualitative als auch quantitative) spielt dabei eine wichtige Rolle. Ich für meinen Teil lebe mittlerweile weniger in den Tag hinein, sondern beginne meinen Tag mehr und mehr durchzutakten. Sicher nicht von Anfang bis Ende, aber es zeigt mir meine freien Stunden auf, die ich in zunehmendem Maß zu nutzen versuche. Ob aktiv mit meinem Sohn (qualitative Zeit) oder passiv, indem ich mich zumindest in seinem näheren Umfeld aufhalte (quantitative Zeit).
Gerade die quantitative Zeit empfinde ich als enorm wichtig, da sie für mich etwas mit Verantwortung zu tun hat. Ob es die 30-60 Minuten Sport am Morgen oder das Kochen an Abend ist: Ich nehme die Zeit bewusster war und versuche einen möglichst ausgeglichenen Tag zu erleben. Es tut mir selbst gut und ich bilde mir zumindest ein, es würde auch dem Familienleben gut tun.

Doch zurück zum Thema Eingeständnisse und darauf einlassen wollen. Als uns Anfang 2012 klar wurde, dass Nachwuchs im Anmarsch ist, fiel es mir leichter, eine längst überfällige Entscheidung zu treffen: Ich kündigte meinen bisherigen Job, um eine neue Herausforderung zu finden. Ich wollte keine 60+ h/Woche mehr arbeiten und auch die Geschäftsreisen sollten sich in Grenzen halten. Ich fand schließlich meinen aktuellen Arbeitgeber, der es mir ermöglicht, mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen.

Als nächstes stand ich vor der Entscheidung: Elternzeit – ja oder nein? Ich habe mich dafür entschieden. Zwei Monate Elternzeit innerhalb der ersten 14 Lebensmonate von Don, da einem darüber hinaus kein Elterngeld mehr zusteht. (Warum jedoch das Elterngeld nur bis zum 14. Monat gezahlt wird und nicht flexibler zu beanspruchen ist, bleibt mir ein Rätsel. Aus welchem Grund verfällt der Anspruch auf Elterngeld nach 14 Monaten, wenn man doch bis zu 3 Jahre nach Geburt Elternzeit nehmen darf?)
Sicher ist es immer eine Frage der Einkommenssituation, ob und in wieweit man sich Elternzeit und auch die Zeit darüber hinaus leisten kann, aber daran arbeiten wir als Republik ja bereits.

Ich kann Väter nur ermutigen, ähnliche Schritte und die damit verbundenen Konsequenzen zu ziehen, sofern es die finanzielle Lage erlaubt.
Von vielen höre ich häufig „Das kann ich nicht machen“ – doch diese Antwort ist für mich nicht zufriedenstellend, denn Frau kann bzw. muss auch und auch wir Männer sollten uns häufiger zum Müssen zwingen, damit es irgendwann ein Wollen wird!

Auf den Punkt bringt es Rochus Wolff in seinem Gastartikel „Im Dampfdrucktopf der Liebe“ auf Kleinerdrei:

Wir Männer müssen endlich kapieren, dass man Erwerbs- und Reproduktionsarbeit auch paritätisch teilen kann und dass es unglaublich bereichernd ist, viel Zeit mit unseren Kindern verbringen zu können: Es macht uns zu vollständigeren, glücklicheren Menschen.

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Also ich muss hier jetzt mal mein Papa hat meine Geburt vor über 30 Jahren miterleben dürfen und er hat als ich klein war versucht seine freie Zeit immer mit uns zu verbringen. Das werde ich nie mehr vergessen und es trägt mich heute noch als Erwachsene. :-) Ich finde es toll wenn Männer das Vater werden sehr ernst nehmen :-)

  2. Schöner Post! Im übrigen haben auch Männer einen Rechtsanspruch auf Elternzeit, und zwar „nicht nur“ auf zwei Monate. Also lasst Euch dieses Recht nicht nehmen!

    • Hi Anne, danke für dein Lob. Klar hat man als Mann gesetzlich den gleichen Anspruch auf Elterngeld & Elternzeit wie eine Frau. Das mit den zwei Monaten war auf uns bezogen. Auch in meine Umfeld gibt es mittlerweile Männer, die durchaus mehr Elternzeit nehmen. Aber die finanziellen Rahmenbedingungen erlauben nicht immer eine derartige Flexibilität.

  3. Danke für den schönen Beitrag! Was die Aufteilung der Zeit und der Finanzen angeht testen wir grade das Model „120%, zwei Stellen“ und lernen dabei v.a. was Mensch finanziell braucht und was nicht. Es offenbart natürlich jetzt schon: die aktuelle Elterngeldlösung (die anders ist als die zu eurer Zeit) ist hochgradig sozialsegregativ, aber es geht viel viel mehr als Mensch denkt. Wenn Mensch weiss was er will und nicht glaubt, dass alles gleichzeitig geht.

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